Bekanntlich ist das menschliche Gedächtnis einerseits sehr präzise, d. h., es kann ähnliche Ereignisse trennen, andererseits ist es integrativ, d. h., es kann sich an Gemeinsamkeiten zwischen ähnlichen Ereignissen erinnern. Jüngste Befunde (Koster et al., 2018) stellen nun die damit verbundene Hypothese in Frage, dass der Hippocampus auf das episodische Gedächtnis spezialisiert ist, indem man zeigen konnte, dass er auch die Integration von Informationen über ältere Erfahrungen hinweg unterstützt, sodass das das menschliche Gedächtnis gleichzeitig detailgetreu und integrativ sein kann. Der neue Ansatz geht nun davon aus, dass diese beiden gegensätzlichen Funktionen durch Schleifen erreicht werden.
Ultrahochauflösende fMRI-Daten unterstützen diese Annahme, da sie zeigen, dass gewonnenen Informationen als neuer Input auf dem oberflächlichen entorhinalen Cortex präsentiert werden, wobei diese funktionelle Konnektivität zwischen der tiefen und oberflächlichen entorhinalen Schicht gesteuert wird. Darüber hinaus korrelierte die Größe dieser Konnektivität mit der inferenzmäßigen Leistung, was ihre Bedeutung für das Verhalten unterstreicht. Offenbar speichert das Gedächtnis ähnliche Ereignisse zwar erst getrennt ab, speist aber diese getrennten Erinnerungen wieder ins Gedächtnis zurück, damit diese in einem zweiten Schritt miteinander verknüpft werden können.
Diese Ergebnisse bieten eine neue Perspektive auf die Informationsverarbeitung innerhalb des Hippocampus und unterstützen einen einheitlichen Rahmen, in dem der Hippocampus die Struktur höherer Ordnung über Erfahrungen hinweg erfasst, indem er einen dynamischen Gedächtnisspeicher aus getrennten episodischen Codes für individuelle Erfahrungen schafft.
Literatur
Raphael Koster, Martin J. Chadwick, Yi Chen, David Berron, Andrea Banino, Emrah Düzel, Demis Hassabis & Dharshan Kumaran (2018). Big-Loop Recurrence within the Hippocampal System Supports Integration of Information across Episodes, Neuron, 99, 1342–1354.
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