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Übergewicht als Folge der Erziehung

    Kleinkinder sind geborene Genießer, denn sie wissen genau, wann sie Hunger haben und was ihnen schmeckt. Später tragen die Eltern sowohl die Verantwortung für ihre eigene Ernährung als auch für die ihres Kindes. Beim Essenlernen geht es vor allem um das Erlernen der Genussfähigkeit und um die Atmosphäre bei Tisch. Ruhe und Muße wären dabei wichtig, doch wer die durchschnittlichen Essgewohnheiten in den Familien kennt, weiß, dass dabei allmählich die Genussfähigkeit verloren geht. Nach einer englischen Studie können nur noch 18 Prozent die vier Grundgeschacksrichtungen – süß, sauer. salzig und bitter eindeutig identifizieren. Wichtig ist es, niemals nebenbei zu essen. sondern die Lebensmittel zu Genussmittel zu machen. Das beginnt schon mit dem Kochen. Auch Eltern sollten es sich erlauben, das Essen selbst zu genießen. Dabei sollte man nicht nur auf die Dosis achten, sondern auch das Essen gemeinsam mit den Kindern zelebrieren.
    Wie Studien der Universität Göteborg zeigten, entstehen Essgewohnheiten von Kindern offenbar schon in frühem Alter. Hinweise darauf gibt eine schwedische Studie an 120 Schülern im Alter von acht Jahren, die Forscher nach ihren Essgewohnheiten befragten. Bei vielen Kindern hatten die Ernährungsmediziner schon im Alter von vier Jahren die Kost dokumentiert, und der Vergleich mit Aufzeichnungen nach vier Jahren zeigte, dass sich die Vorlieben der Kinder kaum mehr änderten.
    *** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Wer sich an diese Regeln der praktischen Essenserziehung hält, wird kaum (Gewichts)Probleme bekommen. Hanni Rützler nennt um Buch „Kindern lernen essen“ die 10 Gebote für den Familientisch:

    1. Setzen Sie Essen nicht als Belohnung oder Bestrafung ein.
    2. Lassen Sie Konflikte niemals mitessen.
    3. Nehmen Sie Kinder und Ihren Geschmack ernst. Dazu muss man wissen, dass sich das Geschmacksrepertoire von Kindern in den ersten sechs bis sieben Lebensjahren entwickelt.
    4. Argumentieren Sie niemals mit Gesundheit. Denn für die Kleinen ist Gesundheit sowieso Normalität.
    5. Erlauben Sie auch einmal Extrawünsche.
    6. Akzeptieren Sie Ihren kleinen Wiederholungsesser.
    7. Üben Sie keinen Zwang aus.
    8. Frust mit Lust begegnen.
    9. Nehmen Sie Appetitlosigkeit ernst, aber nicht persönlich.
    10. Lehren Sie Werte und weniger Manieren.

    Das Essen zwischendurch

    Ein Problem für viele Kinder und auch Erwachsene stellt die Tatsache dar, dass heute Nahrungsmittel immer und überall verfügbar sind, sodass viele Menschen sich nicht mehr an feste Essenszeiten halten, sondern den ganzen Tag beinahe jederzeit Nahrung aufnehmen können. Interessanterweise hat man dann am Abend das Gefühl, eigentlich nur wenig oder nichts gegessen zu haben. So werden vor allem Mahlzeiten, die im Gehen und Stehen eingenommen werden, vom Gehirn oft gar nicht als Nahrungsaufnahme registriert. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, kann es helfen, zu notieren, was im Laufe eines Tages gegessen wurde. Am besten ist es jedoch, auf diese flüchtigen Nahrungsaufnahmen ganz zu verzichten!

    Übrigens: Übergewicht kommt nicht von gestern auf heute und geht daher auch nicht von heute auf morgen wieder weg, denn um wirksam abzunehmen, bedarf es einer langsamen und langfristigen Umstellung des bisherigen Ernährungsverhaltens, vor allem hin zu fettreduzierter, zuckerarmer und ballaststoffreicher Kost mit reichlich Obst und Gemüse. Dazu sollte man täglich mindestens 2 Liter Wasser trinken und regelmäßiger Sport (drei- bis viermal pro Woche mindestens 30 Minuten) betreiben. Sport verbraucht Energie und trainierte Muskeln verbrennen am liebsten Fett, denn wer Muskeln zulegt, erhöht seinen Grundumsatz und verbrennt so mehr Energie, auch wenn gerade gar nichts getan wird.

    Influencer in den neuen Medien fördern ungesunde Ernährung

    Nach einer neueren Untersuchung von Tobias Effertz richten sich 70 Prozent der untersuchten Lebensmittelwerbespots im Fernsehen durch ihre Aufmachung oder Sendeumfeld speziell an Kinder, wobei 89 Prozent aller TV-Spots für ungesunde Produkte werben. Die Zahl der von Kindern gesehenen Spots pro Tag ist zwar seit 2007 etwa gleichgeblieben, doch Kinder sehen heute 30 Minuten weniger fern. Pro Stunde werden also 29 Prozent mehr ungesunde Spots ausgestrahlt als früher. Offenbar habe die Unternehmen den Werbedruck auf Kinder bewusst erhöht, woraus sich daraus teilweise die schädlichen gesundheitlichen Folgen wie Übergewicht und Mangelernährung bei Kindern ergeben.

    Auch im Internet werden Kinder vor allem über Facebook mit Werbepostings zu ungesunden Produkten erreicht, womit sie die Kinder gezielt auf ihre Webseiten zu ungesunden Produkten locken und versuchen, sie dort durch Spiele oder Ähnliches lange zu halten, wobei auf YouTube die Werbung für Ungesundes mit Kindermarketing zu zwei Dritteln durch InfluencerInnen erfolgt. In mehr als zwei Drittel der ausgewerteten Youtube-Videos werben Influencer für ungesunde Lebensmittel etwa mit einem Video, in dem ein etwa 10-Jähriger in der Küche zu Hause ein Fastfood-Restaurant aufbaut. Ein Spiel wie früher der Kaufladen – nur dass die Fastfood-Kette mutmaßlich die komplette Ausstattung geliefert hat und der Junge Werbebotschaften in seinem Clip übermittelt.

    Über fünfzehn Mal am Tag werden Kinder von der Industrie dazu animiert, mehr Zucker, Salz und Fett zu essen, was viele Bemühungen um eine Erziehung zur gesunden Ernährung zunichte macht. Diese Werbeaktivitäten in den digitalen Medien nehmen rasch zu und sind besonders wirksam, zumal es Beweise dafür gibt, dass Werbung sogar stärker wirken kann als ein gutes Vorbild der Eltern. Das liegt nicht zuletzt daran, dass für Kinder die Grenzen von Alltagserleben und Werbung verschwimmen, denn sie lernen und verinnerlichen damit die durch das Marketing künstlich geschaffenen Verknüpfungen von Marken mit bisher werbefreien Handlungen.


    Um das Körpergewicht von Kindern richtig einzuschätzen, gibt es die Broschüre „Übergewicht bei Kindern: Fragen und Antworten“ der Wiener Gebietskrankenasse zum Gratis-Download.




    Literatur

    Werner, Susanne (2021). Kinder und Lebensmittelwerbung: „Selbstverpflichtungen bringen nichts“.
    WWW: https://www.aerztezeitung.de/Kooperationen/Kinder-und-Lebensmittelwerbung-Selbstverpflichtungen-bringen-nichts-417905.html (21-09-16)
    OÖNachrichten vom 25.1. 2007
    http://www.nachrichten.at/nachrichten/511642
    OÖNachrichten vom 12.11.2009
    http://www.nachrichten.at/ratgeber/essen_trinken/art115,291973

    Linktipp: Essstörungen


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