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Was Menschen motiviert

    Leistung allein genügt nicht. Man muss auch jemanden finden, der sie anerkennt.
    Marcel Mart
    Anerkennung ist eine beliebte Friedhofspflanze.
    Ben Barzman

    Menschen streben sowohl privat als auch im Berufsleben und in der Freizeit nach guten Beziehungen zu anderen Menschen sowie nach Anerkennung und erwarten im Gegenzug das Gleiche von anderen. Wechselseitige Resonanz zwischen Menschen entsteht in fünf Stufen:

    • Sehen und gesehen werden: Menschen wollen wahrgenommen werden.
    • Gemeinsame Aufmerksamkeit: Menschen richten ihre Aufmerksamkeit auf ein gemeinsames Objekt.
    • Emotionale Resonanz: Menschen schwingen sich aufeinander ein, etwa über gemeinsame Gesprächsthemen.
    • Gemeinsames Handeln: Menschen handeln miteinander und verfolgen gemeinsame Ziele.
    • Verstehen von Motiven und Absichten: Menschen verstehen, was in anderen vorgeht.

    Gelingt diese Resonanz, so führt das zu Glücksgefühlen, erhöhter Leistungsbereitschaft und zu besserer mentaler und körperlicher Gesundheit, während Stress und Angst ein geringeres Gewicht erhalten. Erkennt das menschliche Motivationssystem aber, dass keine Chance auf soziale Zuwendung und Anerkennung besteht, verliert der Mensch an Motivation und Antrieb, was im Extrem bis zur Apathie führen kann. Menschen müssen also in der Lage sein, Beziehungen aufzubauen, um Zuwendung und Anerkennung zu erhalten. Bei aggressiven Beziehungen empfinden Menschen hingegen soziale Isolation und Zurücksetzung, die wie körperlicher Schmerz als Bedrohung der eigenen Unversehrtheit erlebt werden. Statt einem Bemühen um gelingende Beziehungen, stehen die Verteidigung und der Kampf im Mittelpunkt.

    Manche sehen in der Suche der Menschen nach Anerkennung ein Zeitgeistphänomen, denn nie war der Hunger nach Anerkennung so bedeutsam. Anerkennung ist bekanntlich ein grundlegendes Bedürfnis und manche Menschen betreiben einen hohen Aufwand, um sich selbst möglichst gut darzu­stellen, etwa in Form von Selbstoptimierung. Das Problem dabei ist, dass das Gefühl des Selbstwerts sehr stark und exklusiv an die Bestätigung in einem Bereich geknüpft wird und mit der Zeit stark von Feedback durch andere abhängig ist, sodass man sich ständig in seinem Selbst­wert bedroht glaubt. *** Hier KLICKEN: Das BUCH dazu! *** Die Autorin Maria Sanchez plädiert in ihrem Buch „Die revolutionäre Kraft des Fühlens“ daher dafür, kritischer diese Methoden der Selbstoptimierung oder auch Potenzialentfaltung zu prüfen, denn ihrer Meinung nach sind diese als langfristig unwirksam und oft sogar schädlich. Durch diese Art des Umgangs mit sich selbst befeuert man mehr oder minder unabsichtlich die Ursachen für zahlreiche psychische Probleme, denn alles, was Menschen tun, um innerlich anders oder besser zu werden, bekräftigt natürlich unbewusst, dass man eigentlich nicht in Ordnung ist. Durch diese innere Haltung bleibt man jedoch im Kampf mit sich selbst verhaftet und der Leidenskreislauf kann auf diese Weise nicht beendet werden. Zwar kann sich kurzfristig und oberflächlich manches ändern, aber im Kern bewegt man sich nicht.

    Motivation und Ziele

    Es genügt für Menschen nicht, Ziele zu haben, sondern sie müssen auch wissen, welche Motive bei der Auswahl dieser Ziele eine Rolle spielen. Vielen Menschen haben keine Probleme, ihre Ziele und Wünsche zu nennen, aber nur wenige überlegen dabei, ob diese Ideen eigentlich zu den persönlichen Motiven wirklich dazu passen. Bei Zielen ist es daher immer wichtig, die Motive kennenzulernen und zu überprüfen, denn nur dann, wenn die Ziele zu den wichtigen eigenen Motiven passen, kann man diese Ziele auch zielstrebig und ohne große Irritationen verfolgen. Oft weiß man ja ziemlich genau, was man will, aber nicht, warum man es will. Um dafür ein besseres Gefühl zu entwickeln, kann man von den klassischen Grundmotive des Menschen ausgehen überlegen, welches davon für ein bestimmtes Ziel leitend und belohnend ist. Das für viele Menschen wichtigste Ziel ist das Affiliationsbedürfnis, also mit anderen Menschen verbunden zu sein, denn man wünscht sich Anschluss und Anerkennung und empfindet das als wichtig, stärkend und belohnend. Ein weiteres Motiv ist das Leistungmotiv, wobei das Lernen von Neuem, die persönliche Entwicklung und ständiges Gefordertwerden im Mittelpunkt stehen. Für manche Menschen ist auch das Machtmotiv wichtig, d. h., das Mitreden und Mitgestalten und dadurch einen höheren Status und Ansehen zu erhalten. Wenn man das Grundmotive für sein Ziel kennt, kann man dieses Wissen dann nutzen, wenn man sein Ziel in die Tat umsetzen will. Das Motiv sollte immer in alle Planungen und Handlungen einbezogen werden, denn nur so bleibt man mit sich im Reinen. Denn viele Menschen haben zwar meist mehrere stark ausgeprägte Motive für ein, doch für ein konkretes Ziel sollte man das dominante Motiv identifizieren.

    Bekanntlich fühlen sich die meisten Menschen in Gesellschaft anderer wohl und suchen den Austausch mit ihnen, wobei auch gut erforscht ist, dass soziale Unterstützung einen wichtigen Beitrag zu psychischer und körperlicher Gesundheit leistet. Gan et al. (2021) haben jüngst untersucht, wie das psychische Wohlbefinden mit sozialem Kontakt im alltäglichen Leben zusammenhängt und welche Gehirnareale dabei eine Rolle spielen. In ihrer Studie kombinierte man mehrere Methoden aus den Bereichen Epidemiologie, Psychologie und Bildgebung des Gehirns, wobei über einen Zeitraum von sieben Tagen das psychische Wohlbefinden und der soziale Kontakt – alleine oder in Gesellschaft – mit Hilfe wiederholter kurzer Abfragen per Smartphone im Alltag der StudienTeilnehmer und Teilnehmerinnen erfasst wurde. Mit diesen Verfahren des ambulanten Assessments konnte zunächst in einer Gruppe von einhundert Menschen gezeigt werden, dass erhöhtes psychisches Wohlbefinden unmittelbar einherging mit sozialem Kontakt, d. h., dass sie sich wohler fühlten, wenn sie in Gesellschaft waren, als wenn sie alleine waren. Zusätzlich zu den Alltagserhebungsverfahren wurde bei einer weiteren Gruppe von Probanden und Probandinnen das Gehirnvolumen mit Hilfe von Magnetresonanztomografie erfasst, wobei der Zusammenhang zwischen sozialem Kontakt im Alltag und psychischem Wohlbefinden bestätigt werden konnte. Zusätzlich konnte in dieser Gruppe gezeigt werden, dass die Menschen, die stärker von sozialem Kontakt profitieren, eine höhere soziale Kompetenz – erfasst über Online-Fragebögen – und ein höheres Volumen der grauen Substanz im anterioren cingulären Cortex aufweisen. Dieser Bereich der Großhirnrinde ist wichtig für die Verarbeitung und Einordnung von Gefühlen in sozialen Situationen und spielt auch bei Resilienz und dem Risiko für psychische Erkrankungen eine Rolle. Man weiß auch aus Studien, dass auch Menschen mit psychischen Erkrankungen, die häufig weniger soziale Kontakte haben, stark von sozialen Kontakten profitieren, sodass es wichtig ist, den Austausch mit Menschen dieser Gruppe besonders zu fördern.

    Ein Koordinatensystem der Bedürfnisse

    In der Art eines Kompass wird versucht, die menschliche Seele zu erforschen und sich zu orientieren. Das wohl berühmteste System ist die Bedürfnispyramide von Maslow. Studien belegen, dass für die biopsychologische Gesundheit eines Menschen immer alle drei Grundbedürfnisse erfüllt sein sollten: Gefühle von Sicherheit, Einfluss und Beziehung. Wie die Ergebnisse der Hirnforschung bestätigen, kann man unsere Bedürfnisse in ein dreidimensionales Koordinatensystem einbauen. Jedoch sollte man dieses Koordinatensystem nur als Orientierung benutzen. Da es sehr schwierig ist verschiedene emotionale Zustände in Wörter zu fassen, hat man versucht mit Oberbegriffen diese darzustellen.

    1.Die erste Achse Gefahr versus Sicherheit

    Schon seit Urzeiten ist das Gefühl von Sicherheit den Menschen ein grundlegendes Bedürfnis. Sicherheit bedeutet dass sie sich in gefahrloser Umgebung aufhalten müssen, genauso wie ein psychisches Sicherheitsgefühl haben müssen um sich in Sicherheit zu fühlen. Ist die Sicherheit nicht gegeben, befindet sich der Körper im Stress. Der Herzschlag erhöht sich, hoher Blutdruck, angespannte Muskeln, der Körper bereitet sich so auf eine mögliche Flucht oder Kampf vor. Außerdem wird Adrenalin ausgeschüttet. Ein Mensch fühlt sich erst wieder in Sicherheit wenn er Entkommen ist, im Kampf erfolgreich war oder geflüchtet ist, oder wenn er eine Problemlösestrategie angewendet hat.

    2. Die zweite Achse: Verlassenheit versus Beziehung

    Eine gute Beziehung, Bindung, emotionale Nähe, Liebe und der Kontakt zu Menschen ist für die Menschen am wichtigsten, ergaben verschiedene Umfragen. Wenn Menschen von Beziehung reden, oder daran denken, verbinden sie auch oft Sicherheit. Wenn eine Bindung zerbrochen ist, oder ein Mensch sich mutterseelenalleine fühlt, wird aktiviert sich das Panik-System. Hierbei wird wieder Stress ausgelöst und Menschen beginnen zu weinen oder zu schreien. Beruhigen kann sie schon ein vertrauter Mensch in der Nähe oder irgendein Mensch.
    Der Unterschied zwischen Furcht und Panik ist, das wir bei Furcht bereit sind uns zu verteidigen, der Mensch ist dabei Hochkonzentriert, bei Panik ist der Mensch schwach.

    3. Die dritte Achse: Unkontrollierbarkeit versus Einfluss

    Die dritte Achse im Koordinatensystem bilden die Begriffe Einfluss, Selbstwirksamkeit und Kontrollierbarkeit. Hinter diesen Begriffen versteckt sich das Bedürfnis Streben nach Macht.

    4. Die ein einzelnen Quadranten: angestrebt oder gefürchtet

    Die Gefühlszustände können auf den drei Achsen unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

    4.1. Der Alpha-Quadrant: Selbstsicherheit und Selbstwirksamkeit

    Jeder Mensch versucht seine Beziehungsfähigkeit zu erhöhen, sich sicher zu fühlen, Einfluss auf andere Menschen zu nehmen, sie wollen in den Alpha-Quadranten kommen. Menschen die im Alpha-Quadranten sich befinden sind von sich selbst überzeugt.

    4.2. Vertrauen in die Welt und in sich selbst

    Vertrauen in die Welt und sich selbst entsteht schon im Babyalter, eine gute Beziehung kann dieses Vertrauen stärken.

    4.3. Hilflos ausgeliefert

    Traumatische Ereignisse können Auswirkungen auf die Seele haben. Umso jünger die Kinder dieses Erlebnis hatten, desto größere Schäden können
    entstehen. Der Mensch versucht mit aller Kraft die Sicherheit und Einfluss wiederherzustellen, sonst zerbricht er irgendwann.

    4.4. Vorhersagbare und beeinflussbare Gefahr

    Den Menschen hilft es, ein Gefühl von Vorhersagbarkeit zu besitzen um Krisen oder Gefahren besser zu überstehen. Ein Mensch der ein Ziel hat übersteht eine Katastrophe eher als einer ohne. Menschen lesen oft Horoskope um diese Illusion aufrecht zu erhalten.

    4.5. Mangelerscheinungen und Lösungswege: hin zum grünen Bereich!

    Auf verschiedene Verhaltensweisen eine Lösung zu finden ist leicht, da sie Verständnis bei einer Person suchen. Menschen mit Problemen versuchen diese Probleme durch Verhaltensweisen zu kompensieren.

    5. Aufbruch in den Alpha-Quadranten!

    Helfen kann man Menschen wenn man sie näher versucht an den Alpha-Quadranten heranzubringen. Auf lange Sicht braucht jeder Mensch mehr, von dem er nicht genug besitzt. Egal ob es mehr Einflussgefühl, ein größeres Sicherheitsgefühl ist, oder mehr Beziehung ist, was ein Mensch braucht.

    Ein Gedankenexperiment – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter demotivieren

    Wenn sich Vorgesetzte fragen, wie sie ihre MitarbeiterInnen motivieren könnten, dann sollten sie einmal vielleicht ist das Gedankenexperiment machen, sich zu überlegen, wie sie ihre MitarbeiterInnen demotivieren könnten. Als Anregung einige Tipps von Burkhard Heidenberger, die im zeitblüten-Newsletter zu finden waren:

    • Mit Lob sparen, denn Lob und Anerkennung demotivieren MitarbeiterInnen. Am besten nie loben! Damit wird in ihnen das Bedürfnis erzeugt, das Bestmögliche zu leisten, um vielleicht noch einmal ein Lob zu erhaschen. Zu viel Anerkennung macht MitarbeiterInnen überheblich und faul.
    • Druck erzeugen, denn MitarbeiterInnen bringen dann die Höchstleistungen, wenn sie permanentem Druck ausgesetzt sind. Je mehr Druck ausgeübt wird, desto schneller erhält man die gewünschten Ergebnisse.
    • Keine Verantwortung übertragen, denn MitarbeiterInnen können mit Verantwortung nicht umgehen. Deshalb erst gar nicht abgeben, denn nicht umsonst gibt es Führungskräfte und einfache MitarbeiterInnen.
    • Zwei Regeln sollten in jedem Unternehmen ihre Gültigkeit haben und von den MitarbeiterInnenn unbedingt beachtet werden: Regel 1: Vorgesetzte haben immer recht. Regel 2: Wenn Vorgesetzte tatsächlich einmal nicht recht haben sollten, tritt wieder Regel 1 in Kraft.
    • Als Führungskraft keinen Widerspruch dulden und keine andere Meinung, denn damit wird nur die Autorität als Führungskraft untergraben.
    • Transparenz wird überbewertet, denn warum eine Entscheidung auf Führungsebene getroffen wurde, geht MitarbeiterInnen nichts an. Sie haben sich einfach danach zu richten und müssen über die Gründe nicht Bescheid wissen. Eine offene Kommunikation ist vielleicht in einer Partnerschaft angebracht, hat aber in einem Unternehmen keine Berechtigung.
    • Für das Betriebsklima sind ausschließlich die MitarbeiterInnen verantwortlich, d. h., wenn es zu Konflikten zwischen MitarbeiterInnenn kommt, als Vorgesetzter niemals einmischen. MitarbeiterInnen sollten Konflikte unter sich klären, denn jede Einmischung wird ohnehin als Eingriff in die Privatsphäre wahrgenommen.
    • Zusagen machen und nicht einhalten, wobei die Gründe für die Nichteinhaltung für einfache MitarbeiterInnen meist ohnehin nicht nachvollziehbar sind bzw. sie können sie auf Grund der geringeren Kompetenz auch nicht verstehen.
    • Laut werden, wenn MitarbeiterInnen Fehler machen, denn nur so kann man der Autorität Ausdruck verleihen und die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung des Fehlers minimieren.
    • MitarbeiterInnen wollen sich nicht weiterentwickeln, denn es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass MitarbeiterInnen sich weiterentwickeln wollen. Das kostet nur Geld und dann dauert es nicht lange, bis die MitarbeiterInnen in ein anderes Unternehmen wechseln. Jede in dieser Hinsicht getätigte Investition bringt nur MitarbeiterInnen etwas. Deshalb gilt es, alle derartigen Ambitionen zu unterbinden bzw. erst gar keine Möglichkeiten anzubieten.
    • MitarbeiterInnen sollten froh sein, im Unternehmen arbeiten zu dürfen. Vor allem beim heutigen Arbeitsmarkt, wo freie Stellen rar sind. MitarbeiterInnen sind der Führungskraft zu Dank verpflichtet und nicht umgekehrt! Das gilt es unbedingt auch so zu kommunizieren!

    Literatur

    Gan, G., Ma, R., Reichert, M., Giurgiu, M., Ebner-Priemer, U. W., Meyer-Lindenberg, A., & Tost, H. (2021). Neural Correlates of Affective Benefit From Real-life Social Contact and Implications for Psychiatric Resilience. JAMA psychiatry, doi:10.1001/jamapsychiatry.2021.0560.
    Kernstock-Redl, Helga, Sachsse, Ulrich (2008). Was Menschen motiviert: Ein Koordinatensystem der Bedürfnisse. Psychologie in Österreich.




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