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Finanzpsychologie

Während die klassische Finanztheorie von einem „Homo oeconomicus“ ausgeht, ist für die Finanzpsychologie sind ökonomische Faktoren wie Aktienkurs oder Preisfindung demnach nicht so sehr eine mathematische Angelegenheit, sondern vor allem ein psychologischer und sozialer Vorgang. Schon um das Jahr 1933 entwickelte der britische Ökonom John Maynard Keynes einen „Beauty Contest“, um das komplexe Verhalten von Anlegern zu skizzieren. Bei einem Preisausschreiben sollten aus 100 Mädchenfotos die sechs hübschesten Gesichter ausgewählt werden. Gewinner wurde, wer dem Mehrheitsvotum aller Beteiligten am nächsten kam. Entscheidend war also nicht der eigene Geschmack – vergleichbar mit individuellem ökonomischem Sachverstand –, sondern die Menschenkenntnis, um eine Durchschnittsmeinung abzuschätzen. Ziemlich ähnlich funktioniert laut Keynes professionelles Investieren: Bereits damals postulierte er, dass der Wert einer Aktie primär eine soziale Konvention sei, die auf harten, fundamentalen Faktoren wie auch auf weichen, sozialen Grundlagen basiere. Das war die Geburtsstunde der Disziplin der „Behavioral Finance“, der verhaltenspsychologischen Finanztheorie, die davon ausgeht, dass sich Menschen überhaupt nicht vernünftig, sondern menschlich und dementsprechend oft irrational verhalten. Nach Erich Kirchler (Institut für Wirtschaftspsychologie Universität Wien) ist die Psychologie als empirische Wissenschaft erst sehr spät in die Ökonomie eingeflossen, sodass Behavioral Finance lange Zeit als Pseudowissenschaft verhöhnt wurde. Doch inzwischen sprechen alle empirischen Fakten dafür, dass dieser Ansatz eine Bereicherung für die moderne Finanzmarkttheorie ist. Robert Shiller wies nach, wie bizarr die Börsenpreise eines Wertpapiers oft vom fundamental gerechtfertigten Preis abweichen, wobei meist irrationales Anlegerverhalten dafür verantwortlich sind. Seit Tversky und Kahneman für ihre Arbeiten 2002 den Nobelpreis bekamen, ist die Behavioral-Finance-Theorie keine Pseudowissenschaft mehr. Zahlreiche altbekannte Modelle aus der Psychologie (selektive Wahrnehmung, kognitive Dissonanz, Herdentrieb, Emotionen, Risikoverhalten usw.). Neueste Entwicklungen wie Neuro-Ökonomie bzw. Neuro-Marketing beziehen auch Forschungsergebnisse der Neuropsychologie mit ein.
Quelle: http://www.profil.at/articles/0915/560/238988/profil-gegen-vernunft (09-04-10)




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Ein Gedanke zu „Finanzpsychologie“

  1. Bewertung der Begriffe Profit und Profitmaximierung

    Es ist heutzutage Mode, Unternehmer sowie Unternehmen zu schelten, weil deren Interessen auf Profit oder auch auf Profitmaximierung ausgerichtet sind. Dabei hat das Wort “Profit“ ein ausgeprägtes Negativ-Image. Bei den Linken hat dieser Begriff eine absolut negative Bedeutung.

    Das ist eine der dümmsten Bewertungen, die ich kenne. Sie ist aber in Gesellschaftskreisen weit verbreitet.

    Etwas nobler klingt das Wort “Gewinn“, obwohl es das Gleiche bedeutet.

    Ob nun Profit oder Gewinn, – von den Kapitalismus-Kritikern werden diese Bezeichnungen in Acht und Bann gelegt.

    Von den linksliberaleren Kritikern wird eingeräumt, dass Profit notwendig sei, aber die Profitmaximierung sei dann doch unmoralisch und somit abzulehnen.

    Ich bin allerdings darüber erstaunt, dass praktisch niemals hinterfragt wird, warum denn der Profit oder gar die Profitmaximierung etwas Schlechtes sein soll. Es wird unterstellt, dass diese Negativ-Bewertung selbstverständlich sei. Es wird von Gier, von Profitsucht und Ähnlichem geredet.

    Bevor wir die Frage stellen, ob Profit gut oder schlecht ist, möchte ich die Gründe erörtern, welche Unternehmer und Unternehmen, inklusive Aktiengesellschaften, zur Gewinnerzielung antreiben. Viele werden denken, dass man dieses Thema nicht erörtern braucht, weil das eo ipso selbstverständlich sei. Das ist es aber nicht.

    Es gibt 2 Gründe für die Gewinnerzielung:

    Grund 1: Gewinn ist notwendig, um Investitionen tätigen zu können. Investitionen wiederum sind notwendig, um den Kampf gegen die Insolvenz zu bestehen. Ich verweise auf den Artikel in der Frankfurter Allgemeinen von Gunnar Heinsohn: “Die nächste Blase schwillt schon an“ aus dem Jahre 2009. Darin erklärt der Autor, wieso das Wirtschaften ein ständiger Kampf um die Verteidigung des Eigentums gegen die Insolvenz ist. Ein Unternehmen, welches nicht investiert, geht früher oder später in die Insolvenz.

    Grund 2: der Unternehmer will einen Teil des Gewinns für sich behalten.
    Wie groß der Anteil, der für Investitionen verwendet wird und wie hoch der Anteil ist, welchen der Unternehmer für sich privat abzweigt, bleibt der Entscheidung des Unternehmers bzw. den Vorständen und leitenden Angestellten der Aktiengesellschaften überlassen.

    Der Privatanteil für den Unternehmer dürfte im Verhältnis zu den Investitionen in der Regel marginal sein. Ist er das nicht, dürfte das Unternehmen bald auf sein Ende, nämlich den Bankrott, zusteuern.

    Ich habe den Eindruck, dass die meisten Kritiker, auch Journalisten, diese Zweiteilung des Gewinns ignorieren und in primitiver Weise nur den privaten Gewinnanteil sehen. Diese Kritiker verstehen es, den Anschein zu erwecken, als wenn der gesamte Gewinn privat genutzt würde. Das ganze Geld fließt dem Unternehmer zu und der verbraucht das zum schönen Leben mit Sekt und Kaviar und schöner Villa etc. Mit dieser Sicht kann man auch das Neidgefühl so schön bedienen.

    Tatsache bleibt, dass der private Anteil, welchen der Unternehmer sich aus dem Gewinn abzweigt, im Durchschnitt höher liegt als das Durchschnittseinkommen eines Arbeitnehmers. Das wird häufig als nicht gerecht empfunden.

    Dabei wird eines nicht bedacht: ein Unternehmer gründet und leitet ein Unternehmen, weil er ein höheres Einkommen erzielen möchte als der Durchschnitt. Er möchte sich einen Lebensstandard verschaffen, weil der besser zu werden verspricht als der durchschnittliche Lebensstandard. Das genau ist seine Motivation. Und diese Motivation ist das allerwichtigste Faktum in der kapitalistischen Wirtschaft. Diese Motivation ist nichts Schlechtes, sondern etwas Gutes, weil sie zu Unternehmensgründungen führt, weil sie Arbeitsplätze schafft, kurz, weil sie unsere Wirtschaft antreibt und in Gang hält.

    Nimmt man diese Motivation weg, dann zeigt das Experiment des Kommunismus, dass dieser scheitert. Den jüngsten Beweis für das Scheitern lieferte China. Unter Mao`s kommunistischer Wirtschaft lief das Land auf die Insolvenz zu. Nur die Kehrtwende und die Einführung des reinsten Manchester-Kapitalismus rettete China vor dem Bankrott. Das China sich immer noch als kommunistisch bezeichnet, ist zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht ein semantischer Betrug. Auch andere kommunistische Länder, die noch existieren, können sich nur über Wasser halten, indem sie direkte finanzielle Hilfen aus den kapitalistischen Ländern erhalten oder indem sie teilweise kapitalistische Praktiken entgegen der kommunistischen Ideologie in ihren Ländern einführen ( Kuba: Tourismus ).

    Natürlich liegt es in der Natur des kapitalistischen Wirtschaftssystems, dass es zur Ungleichheit führt. Das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun, mit dem Lebensstandard der Gesellschaft aber sehr wohl.

    Ich sehe nur 2 Alternativen: a) kapitalistisches Wirtschaftssystem, wachsende Ungleichheit der Einkommen, hoher Lebensstandard für alle oder b) Planwirtschaft, in Stufen festgelegtes Einkommen, niedriger Lebensstandard für alle.

    Ich kritisiere in diesem Artikel nur die Verteufelung des Profitstrebens. Das bedeutet nicht, dass ich im kapitalistischen Wirtschaftssystem keine Systemfehler sehen würde. Den schlimmsten Systemfehler sehe ich in dem mit keinem persönlichen Risiko behafteten Umgang mit solchem Geld, über das Banker sowie Politiker verfügen, das ihnen nicht selbst gehört. Als Beispiel dient Irland, dessen Banker sich auf Finanzgeschäfte mit hochprozentigen Rendite-Erwartungen einließen, die aber riskant waren. Das Risiko erwies sich zu hoch, weil Totalverlust dieser Geschäfte eintrat und die Banken in den Bankrott zu führen drohte und damit die blühende Wirtschaft des Landes abwürgte. Nur Hilfe von anderen konnte die Banken retten.

    Als Beispiel für Politiker dient die Elbphilharmonie. Initiator und Entscheidungsträger sind die Politiker der Stadt Hamburg. Kostenträger sind die Stadt Hamburg und private Gesellschaften. Die veranschlagten Kosten sind auf das Dreifache gestiegen. Das Ende ist noch nicht abzusehen. Ich habe nicht gehört, dass einer der Entscheidungsträger, also ein Hamburger Stadtpolitiker, einen finanziellen Schaden dabei erlitten hätte, wohl aber die privaten.

    Mit diesem Artikel möchte ich darauf hinweisen, dass die Verteufelung des Begriffs eine Geisteshaltung schafft, die außerordentlich gefährlich ist, weil sie den Lebensstandard von allen gefährdet.
    Statt den Profit zu verteufeln, sollten die Linken lieber über die oben erwähnten Systemfehler des Kapitalismus nachdenken.

    Thomas Heine

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